XVI. DER TRAUM VOM EIGENHEIM

STOLPERSTEINE BEI DER ÜBERTRAGUNG (VERKAUF/VERERBEN) EINES GRUNDSTÜCKS

Rafael Eggenberger

Rafael Eggenberger
Rechtsanwalt & Öffentlicher Notar

Selina Grass
Rechtsanwältin & Öffentliche Urkundsperson

DER GRUNDSTÜCKKAUF

Wer kennt es nicht: Fast täglich begegnet man Inseraten, welche Grundstücke, Häuser und Wohnungen zum Kauf anpreisen. Kann man ein Grundstück einfach so erwerben – was gilt es zu beachten?

Von Gesetzes wegen bedürfen jegliche Verträge über Grundstücke der öffentlichen Beurkundung. Mit Grundstücken sind bspw. auch Wohnungen in einem Mehrfamilienhaus gemeint. Wird ein Vertrag über ein Grundstück nicht öffentlich beurkundet, hat das zur Folge, dass dieser in Bezug auf das Grundstück (Kaufobjekt), den Kaufpreis, die Zahlungsmodalitäten und ein allenfalls vereinbartes Reuegeld formungültig und somit nichtig ist. Diese Formvorschriften sollen die Parteien vor übereilten Entscheiden schützen und Gewähr dafür bieten, dass die Parteien fachkundig informiert sind.

Damit Sie sich für einen allfälligen Kauf oder Verkauf eines Grundstücks einen ersten Überblick verschaffen können, erhalten Sie nachfolgend die wichtigsten Informationen zu den einzelnen Verträgen.

RESERVATIONS- / VORVERTRAG

Ein Reservationsvertrag oder Vorvertrag dient dazu, dass sich die Parteien in Bezug auf ein Grundstück bzw. eine Wohnung darauf verständigen, zu welchen Bedingungen und zu welchem Preis dieses Grundstück verkauft werden soll.

Dadurch gewinnen beide Parteien Sicherheit in Bezug auf die Kaufbedingungen und den Kaufpreis. Wichtig: Auch Reservations- und Vorverträge sind an die Formvorschriften gebunden, andernfalls sind sie nichtig. In der Regel wird zur Bekräftigung der Kaufabsicht eine Anzahlung durch den Käufer geleistet, welche bei einem Rücktritt bei der Verkäuferin verbleibt. Hier empfiehlt sich, ein gegenseitiges Reuegeld zu vereinbaren, d.h. auch die Verkäuferin soll für den Fall eines Rücktritts dem Käufer einen zum Voraus bestimmten Betrag bezahlen. Dieser sollte 5% des Kaufpreises nicht übersteigen.

KAUFRECHTSVERTRAG

Der Kaufrechtsvertrag ist eine weitere Möglichkeit, sich das Recht zum Kauf eines Grundstücks zu sichern. Es gibt zwei Arten: das limitierte und das unlimitierte Kaufrecht. Beim limitierten Kaufrecht ist der Kaufpreis zum Voraus bestimmt, beim unlimitierten entspricht der Kaufpreis dem Preis, welcher ein Dritter anbietet. Der Käufer kann das Grundstück somit zum selben Preis und denselben Konditionen erwerben wie der Dritte. Als Entschädigung für den Kaufrechtsvertrag kann bspw. bei Nichtausübung des Kaufrechts ein Betrag vereinbart werden. Dabei leistet der Käufer eine Anzahlung in der Höhe des vereinbarten Betrags. Die Anzahlung wird bei der Ausübung des Kaufrechts in der Regel an den Kaufpreis angerechnet. Wird das Kaufrecht nicht ausgeübt, verbleibt der Betrag bei der Verkäuferin.

GRUNDSTÜCKKAUFVERTRAG

Der Grundstückkaufvertrag ist der Hauptvertrag. Ein allfälliger Reservations-, Vor- oder Kaufrechtsvertrag wird durch den Grundstückkaufvertrag abgelöst resp. ersetzt. Im öffentlich beurkundeten Grundstückkaufvertrag werden alle Modalitäten und der Kaufpreis bestimmt.

Aus dem Grundstückkaufvertrag sind zudem andere sehr wichtige Informationen ersichtlich, wie das Grundstück (Parzellen-Nummer), Anmerkungen, Vormerkungen, Dienstbarkeiten sowie Grundlasten, welche aus dem Grundbuchauszug ersichtlich sind. Doch was verbirgt sich hinter diesen Begriffen?

a. Anmerkungen

Anmerkungen sind Informationen, welche über wichtige Gegebenheiten orientieren, wie bspw. das Vorhandensein eines Reglements einer Stockwerkeigentümergemeinschaft. Ein solches Reglement kann eine Vielzahl von Regelungen enthalten, die vom Gesetz abweichen können. Deshalb ist es sehr wichtig, diese Anmerkungen zu beachten und zu überprüfen.

b. Vormerkungen

In den Vormerkungen finden sich persönliche Rechte im Zusammenhang mit dem Grundstück, wie Vorkaufsrechte, Verfügungsbeschränkungen (bspw. Pfändung eines Grundstücks) oder vorläufig eingetragene dingliche Rechte (wie Bauhandwer­­kerpfandrechte). Die Parteien sollten sich bewusst sein, was die einzelnen Vormerkungen bedeuten.

c. Dienstbarkeiten

Die grösste Bedeutung haben Dienstbarkeiten bzw. Nutzungs- und Gebrauchsrechte. So kann ein Grundstück zum Vorteil eines anderen Grundstücks oder einer bestimmten Person in der Weise belastet werden, dass sein Eigentümer sich gewisse Eingriffe, wie etwa ein Wegrecht, gefallen lassen muss. Auch kann vorgesehen werden, dass sogar gewisse Eigentumsrechte nicht ausgeübt werden dürfen, wie bspw. ein Gewerbeverbot oder ein Verbot für die Benutzung einer Gartenfläche. Auch das Wohnrecht und die Nutzniessung zugunsten einer anderen Person werden hier geregelt; dies sind Möglichkeiten, ein Grundstück zu Lebzeiten weiterzugeben, ohne ausziehen zu müssen (vgl. dazu unseren Milestone Nr. XII «LIEGENSCHAFTSÜBERTRAGUNG AN EINEN NACHKOMMEN»).

Entscheidend bei den Dienstbarkeiten ist die Konsultation der Belege, welche der einzelnen Dienstbarkeit zugrunde liegen (sogenannte Grundbuchbelege). Darin enthalten sind weitergehende Informationen, Verträge oder Pläne. Diese müssen unbedingt angeschaut und geprüft werden, um böse Überraschungen zu vermeiden.

d. Weitere wichtige Unterlagen

Insbesondere beim Kauf einer Wohnung im Stockwerkeigentum ist entscheidend, die Beschlüsse der bisherigen Stockwerkeigentümer sowie die Betriebskostenabrechnung genau zu prüfen. Ein weiterer wichtiger – und oftmals vernachlässigter Punkt – ist der Erneuerungsfonds. Für Zeiten, in denen Mehrfamilienhäuser grösseren Renovati-onsbedarf aufweisen, ist ein gut gefüllter Erneue-rungsfonds entscheidend. Auch bei Einfamilienhäusern sind die Betriebskosten interessant. Diese fallen jährlich an und sind vom Eigentümer vollumfänglich zu bezahlen, was insbesondere bei Renovationen einen nicht unbeachtlichen Budgetposten darstellen kann.

e. Kostenregelung

Achten Sie auf jeden Fall auf die Verteilung der Kosten der Handänderung und auf die Sicherstellung der Grundstückgewinnsteuer. Bei Nichtbezahlung der Grundstückgewinnsteuer durch die Verkäuferin kann der Staat ein gesetzliches Pfand auf dem Grundstück eintragen. Lassen Sie sich die Steuer deshalb provisorisch berechnen und hinterlegen Sie bzw. die Verkäuferin den Betrag bei den Steuerbehörden oder verlangen Sie von der Verkäuferin eine Bankgarantie.

FAZIT

Der Kauf einer Wohnung oder eines Hauses ist mit sehr vielen Herausforderungen verbunden und sehr kostenintensiv. Diesen Herausforderungen kann nur durch eine eingehende Auseinandersetzung mit dem Thema begegnet werden. Daher lohnt es sich bereits vor der Festlegung des Kaufpreises genau zu überlegen, was für Rechte und Pflichten mit dem Kauf eines Grundstücks verbunden sind. Nehmen Sie sich die Zeit, genannte Unterlagen im Vorfeld zu prüfen es lohnt sich.

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